Frühindustrielle Glasproduktion

Glasherstellung – Produktionsverhältnisse im Wandel der Zeit


1. Grundlegendes zur Glasherstellung

⦁ Bei Glas handelt es sich um ein Schmelzprodukt, dessen Hauptbestandteil aus Quarzsand, d.h. siliciumdioxydhaltiger Kieselsäure, besteht.

⦁ Zur Senkung des Siedepunkts auf 1200-1400 C˚ zum Schmelzen des Glasgemenges im Glasofen werden alkalische Salze – bis in etwa zum Beginn des 17. Jh. zunächst rohe Pflanzenasche, dann kalzinierte, die sog. Pottasche, seit Ende des 19. Jh. Soda (Natriumcarbonat) – als Flussmittel gebraucht.

⦁ Die Zufuhr von Kalk sorgt für die Stabilisierung und Härtung des Endproduktes und senkt ebenso wie recycelte Glasscherben zusätzlich die Viskosität (Zähflüssigkeit), sorgt also für eine Erleichterung des Schmelzprozesses.

⦁ Unterschiedliche Metalloxyde und -salze dienen als Färbe- bzw. Entfärbemittel.

⦁ Hinsichtlich der Zusammensetzung der Gemenge, welche bis weit in das 19. Jh. strenger Geheimhaltung unterlagen, gab es eine große Diversität.

⦁ Beispiel für ein Gemenge (Glashütte Buhlbach) = 30% Altglas, 25% Quarzsand, 30% Pottasche, 10% Kalk, 5% „Kosmetika“ (Ent-/Färbemittel)

⦁ Komplexer Prozess, welcher auf chemothermische Stoffumwandlungen (Fritteherstellung + Kernprozess) beruht: Vorbereitung (Rohstoffbeschaffung, Mischung des Gemenges, Heizen, evtl. Fritteherstellung), Verarbeitung (Heizen, Formgebung), Kühlung („Abstehen“ in „Entspannungsöfen“), Veredelung (Bemalen und Schleifen) , Versand (Lagerung, Verkauf, Verpackung, Transport)

2. Vorindustrielles Waldglas aus Wanderglashütten

⦁ Bei der Waldglasherstellung wird nach der Terminologie der Technikgeschichte durch den chemothermischen Kernprozess bereits das mittelalterliche Handwerk in Reinform überschritten. Im Grunde blieb der ganze Produktionsprozess in den Händen des Glasmachers/Glasmeisters. Die Rezepte waren streng geheim, so dass Glasmacherfamilien normalerweise unter sich heirateten und ihr Beruf auf diese beschränkt blieb bzw. geradezu monopolisiert wurde.

⦁ Eine Nutzungskonzession für ein Waldstück wurde an den Hüttenmeister/-vogt von den Feudalherren (Adel und Klerus) auf Zeit gegeben.

⦁ Einzelne Glasmacher kaufen anschließend ihren Anteil an einer Glashütte, so dass sich ca. 10-20 Glasmeisterfamilien eine Glashütte fernab von Siedlungen teilten. Die Glasmacher initiierten den ganzen Produktionsprozess unter dem Vorsitz des Hüttenvogts aus ihren Reihen, Verkauf und Transport verliefen nach einer vertraglich geregelten Hüttenordnung.

Nach ca. 20 Jahren war nicht nur die fürstliche Konzession abgelaufen, so dass die Glashütte aufgelöst wurde und die Glasmacher weiterzogen, sondern auch das Holz im Umland aufgebraucht. Dabei waren tiefe Schneisen in den Wald gegraben worden. Oftmals wurden die Glashütten von den Feudalherren benutzt, um damals als nutzlos geltende Waldgebiete zu roden und somit ur- und besiedelbar zu machen bzw. Grenzen zu benachbarten Fürstentümern zu verdeutlichen.

⦁ Glasmacher war ein gesellschaftlich prestigeträchtiger Beruf, seine Protagonisten verfügten über gewisse Standes-privilegien (Wohlstand, Befreiung vom Fron- und Kriegsdienst sowie Militäreinquartierung) und Standesbewusstsein und rückten gar in die Nähe des Adels (z.B. durch Heiraten).

Keine zunftmäßige Organisation, in der Regel eher lose Organisation außerhalb der Familienbande

⦁ Die Glasmacher verfügten neben Gesellen, welche den Glasmachersippen (meist der eigenen Familie) entstammten, über hörige Leibeigene, welche mit ihnen durch die Lande zogen.

⦁ Zudem lokale Tagelöhner

⦁ Leibeigene + Tagelöhner = Hüttenwerkvolk (Glasträger, Waldreuter, Hirten, Feldarbeiter, Hilfsarbeiter, Gesinde)

⦁ Schon vor der Industrialisierung der Glasproduktion bestand eine Vielfalt an berufs- und arbeitsspezifischen Arrangements und Bezeichnungen, welche sich mit der Gründung von Glasmanufakturen weiter vervielfachen sollte.

⦁ Die ohnehin aufgrund ihres enormen Holzbedarfs meist kurzlebigen Waldglashütten können nur sehr bedingt als direkte Vorläufer der Glasproduktionsstätten zur Massenfertigung für überregionale Märkte angesehen werden. Darüberhinaus sorgte der Dreißigjährige Krieg (1618-1648) dafür, dass die Glasherstellung vielerorts zumindest zwischenzeitlich aber auch gänzlich eingestellt wurde. Teilweise kam es später zu Neugründungen, welche aber – wenn überhaupt – nur bedingt an Lokalität und Herstellungsverfahren der alten Produktionstätte anknüpften.

 

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