Ethnographie

Koloniale Bilderwelten – ein vielseitiges Wechselspiel zwischen ethnographischer Momentaufnahme, autochthoner Initiative und eurozentristischer Inszenierung

 

Ethnographische Darstellungen sind unter einem eurozentristischen kolonialen Blickwinkel entstanden, welchem prinzipiell ein Machtgefälle innewohnt. Die Deutungshoheit lag dabei selbstverständlich beim Produzenten als Handlanger des Kolonialismus.

Es ist dabei heute meist nicht mehr festzustellen, welche Traditionen schon in vorkolonialer Zeit existiert haben und welche in der veränderten Situation neu erfunden wurden, wie Terence Ranger in seinem gemeinsam mit Eric Hobsbawm herausgegebenen wegweisenden Werk Invention of Tradition (1983) auch für das koloniale Afrika eindrucksvoll dargestellt hat.

Ansichtskarte ohne weitere Angaben, vermutlich British East Africa (BEA)

Selbst in der deutschen Schutztruppe für Deutsch-Ostafrika nahmen die Kombinationen der Bestandteile von Uniformierungen groteske Formen an. Importierte europäische, traditionell afrikanische und mehr oder weniger frei erfundene Komponenten spielten dabei eine Rolle (Bildarchiv der Deutschen Kolonialgesellschaft, Universitätsbibliothek Frankfurt am Main – Bildnummer: 037-0600-85).

Jedenfalls unterlagen weite Teile des Gesellschaftsgefüges unter dem kolonialen Einfluss Transformationsprozessen. Dennoch ist dieser Umstand nicht immer auf den direkten Druck der Kolonisation zurückzuführen. Vielmehr ergriffen auch autochthone Gruppen die Initiative, um sich den geänderten Gegebenheiten strategisch anzupassen. Lokale Eliten wollten ihre Macht erhalten, marginalisierte Gruppen zu Macht gelangen.

Das Ende des 19. Jahrhunderts nimmt mit neuen Errungenschaften in Sachen Massenmedien gegenüber dem Buchdruck eine Sonderrolle ein. Im 20. Jahrhundert kamen Radio und Fernsehen hinzu und zuletzt sorgt das Internet für globale Verbreitung.

Auch heute noch verfallen solche Darstellungen einem mehr oder minder bewussten Eurozentrismus, welcher Europa und seine Kulturen in den Mittelpunkt stellt und alle anderen Lebensformen ausgrenzt und herabsetzt.

Selbst wissenschaftliche Filme oder ethnologische bzw. interdisziplinäre Feldforschungsprojekte können sich häufig nicht ganz aus dem ursprünglich während der Kolonialzeit geschaffenen Korsett lösen und nehmen die traditionelle Beobachterrolle ein. Menschen werden wie Tiere im Zoo dem Publikum zugeführt, um ihre »archaische« oder gar »zurückgebliebene« Lebensweise darzustellen.

In den letzten Jahren sind deutliche Fortschritte gemacht worden, wobei nun die dargestellten Menschen von beobachteten Objekten zu erzählenden Subjekten werden. Gerade jedoch bei der Auswahl der Thematik oder einzelner Parameter ist Vorsicht geboten, um nicht einseitig die negativen Aspekte einer Kultur in den Vordergrund zu rücken.

Um dies zu vermeiden, ist nicht nur eine Zusammenarbeit mit lokalen Forschungs- und Kulturprojekten erstrebenswert, sondern auch ein offenes Ohr für die sich präsentierenden Akteure und ihr soziales Umfeld notwendig.

Insbesondere in der Werbung als Teil der Unterhaltungsindustrie werden nach wie vor Exotismen eingesetzt, um die Erfüllung unerreichbarer Träume mit einem Markennamen und Konsumverhalten in Verbindung zu bringen. Häufig stehen diese Phantasiewelten in nahezu ungebrochener Tradition zu kolonialen Pauschalisierungen, Vorurteilen, Stereotypen und Stigmatisierungen.

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